Wir sind da, auch in Zukunft!
Kirche nach Corona?

25.03.2020
asw
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Wie sieht sie aus, die Kirche der Zukunft?
Wird dann der digitale Schub, den wir gerade erleben beibehalten werden und viel mehr Menschen auch in Nicht-Corona-Zeiten weiter ihren Gemeindegottesdienst online verfolgen? Oder werden wir uns freuen, endlich wieder die Kirchen, Gemeindehäuser betreten zu können und dort mit anderen gemeinsam zu feiern, die wir per Handschlag, High-Five oder Umarmung begrüßt haben? Sind unsere Gottesdienste demnächst analog und digital und werden Gemeindepfarrer*inen zukünftig neben der „bislang normalen“ Gottesdienstvorbereitung dann auch die Streamingtechnik mit im Blick haben müssen?
Werden die Wohnzimmerkonzerte und Balkongesänge dazu führen, dass wir mehr miteinander musizieren wollen? Werden dann Chöre und Bands entstehen und sich die Kirchenmusik schnell vom traditionellen Orgelklang hin zu Saxophon, Akkordeon, Schlagzeug und E-Bass in den Kirchen entwickeln?
Wenn uns in den nächsten Wochen die Coronapandemie eine große Sterberate beschert und wir immer mehr Bestattungen ohne Trauergemeinde vollziehen müssen, wird es dann später große Sammeltrauergottesdienste geben, in denen vieler Verstorbener gemeinsam gedacht wird? Wo werden sie stattfinden? In unseren Kirchen oder in den jeweils größten Sälen und Veranstaltungshallen einer Region? Werden sie konfessionell durchgeführt oder interreligiös? Und wird das dann interreligiöse Gemeindekonzepte voranbringen?
Wird es nach Corona mehr kirchliche Trauungen geben, weil mehr Menschen das gemeinsame Leben feiern wollen und wird es mehr kirchliche Trauungen geben, weil wir alle in diesen Zeiten spüren, wie gefährdet und fragil unser Leben ist und dass es stärkt, sich unter einen Segen zu stellen?
Wird es ganz neue „Fresh X-Formate“ geben, in denen Menschen versuchen, etwas ganz Neues zu entwickeln, weil gerade jetzt so viel Neues entsteht? Experimentierräume fern ab von Gemeindegrenzen und orientiert an ganz neuen Bedürfnissen?
Was passiert in Kitas und Verwaltung?
Was passiert dann in unseren Kindertagesstätten? Werden Kinder vermehrt fragen, was mit ihren gestorbenen Großeltern ist? Werden sich die Betreuungszeiten verändern, weil Eltern mehr arbeiten müssen, um nach Corona finanziell durchzukommen? Oder werden mehr Eltern sich entscheiden weniger zu arbeiten, weil sie erlebt haben, wie gut Zeit mit der Familie ist?
Wird sich unsere Verwaltung verändern, weil Vorschriften in dieser Krisenzeit vereinfacht wurden und man plötzlich merkt, dass bestimmte Strukturen überflüssig sind? Der Belegerfassungswahn oder Abrechnungsfinessen werden wieder auf das Maß von vor 20 Jahren zurückgeführt?
Natürlich frage ich mich auch, was mit unseren Finanzen ist. Wird es einen wirtschaftlichen Einbruch geben oder wird unser Staat mit seinen Milliardenprojekten einen relativ nahtlosen Anschluss hinbekommen, so dass wir weiter langfristig planen können? Werden stattliche Unterstützungen dann mit Klimaforderungen gekoppelt werden und Corona auch diesem Zukunftsthema einen Schwung verleihen, den wir nie für möglich gehalten haben? Oder wird dann die Bewahrung der Schöpfung einem Primat der Wirtschaftsentwicklung zum Opfer fallen? Oder wird es Verstaatlichungen geben, die noch vor einigen Monaten als Kevin Kühnert dieses Thema in Spiel brachte, als undenkbar angesehen wurden? Wo wird sich die evangelische Kirche dann wiederfinden?
Es ist gut, jetzt in den sozialen Medien unterwegs zu sein und wahrzunehmen, was Kolleg*innen gerade so alles entwickeln. Digitaler Konfirmandenunterricht, neue digitale Begegnungsstrukturen oder ganz analoge Andachtsbriefe. In diesen Tagen noch zu Beginn der Pandemie in Deutschland ist vieles sehr liebevoll, ermutigend und manchmal noch leicht verspielt.
Solange es vielen noch gut geht und auch der Familie und den Freund*innen hat vieles eine ansteckende Lebendigkeit, die natürlich im Homeoffice oder Quarantäne ganz besonders auffällt und berührt.
Ja, wahrscheinlich wird es auch da eine Entwicklung geben, je mehr die Dramatik zunimmt und Entscheidungen zu treffen sind, die nur die Wahl zwischen zwei Übeln ermöglichen und die Frage “Wie kann Gott das zulassen?“ uns allen Ecken anspringt. Dann wird sich wohl schneller als gewünscht zeigen, ob unsere neuen Angebote tragen oder was wir verändern müssen.
Was trägt uns?
Vielleicht werden wir dann auf die Klagen der Psalmen zurückgeworfen und in dieser alttestamentlichen Sprache Trost finden? Vielleicht werden wir dann neu verstehen was es heißt, wenn Gott uns sagt: „Ich werde sein, die/der ich sein werde“ und den Prozess des Lebens ganz neu verstehen? Vielleicht werden wir uns davon anstecken lassen und mutig diesen Prozess mitgestalten.
Wir werden da sein, auch nach den Schrecken von Corona, auch nach dem Ausnahmezustand dieser Tage. Ich bin sicher, wir werden evangelische Kirche gestalten, mit neuen Erkenntnissen, neuen Formen und Ideen. Wir werden weiter machen, was wir glauben!
Bleiben sie behütet und gesund!
Ihre Anja Schwier-Weinrich
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