Das Berufsportal der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau

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Das Berufsportal der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN)

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    Akzente setzen, wo ich sie für sinnvoll halte

    Foto Martin Lutz, Propsteikantor der Propstei Süd-NassauFür das begeistern, was einen selbst so begeistert

    Natürlich war die Orgel schuld. Sie war es, die mich schon im Grundschulalter faszinierte. Noch ahnte ich wenig von den unendlichen Facetten des Instruments, von der unüberschaubaren Anzahl Orgelwerke. Die Orgel als eine Persönlichkeit, viel mehr als nur ein Instrument, ließ nicht mehr los.

    Ich war vielleicht zwölf Jahre alt, als mit ersten (Kinder-)Gottesdienstvertretungen das ganz Besondere kam: ein Schlüssel für die Kirche! Instrument und Kirchenraum zu erleben erschien ab diesem Zeitpunkt unverzichtbar. Und das ist es bis heute - wer hat schon solch einen Arbeitsplatz?

    Nicht viel später waren es tief beeindruckende Konzerte. Ich erinnere mich noch deutlich an das erste Hören der Matthäuspassion; der Moment im Eingangschor, an dem der Knabenchor dazu trat, war zutiefst erschütternd und für's Leben prägend. Selber singend Dabeisein dürfen war der große Wunsch, bald schon erfüllt. Spätestens als Konfirmand war mir klar: Ich will Kirchenmusiker werden. So kam es. Studium, mit 22 Jahren B-Prüfung, erste Stelle, weiter zur A-Prüfung. Die Faszination bleibt.

     Ja, Kirchenmusik ist Vielfalt, lebenslang gibt es Neues zu entdecken. Weil wir etwas von sonst nicht ausdrückbaren Dingen erzählen können, von den Inhalten, die hinter den Tönen sind. Welch ein Privileg ist es doch, sich mit den größten musikalischen Kunstwerken beständig auseinandersetzen zu dürfen! Und in welchem Musikerberuf ist es möglich, die Werke selbst zu bestimmen, die man erarbeiten und aufführen will? Nicht dem Orchestermusiker, nicht dem Kapellmeister, nicht dem... Wir dürfen die Schwerpunkte unseres Wirkens selber setzen.

    Wir dürfen die Kirchenräume mit Leben füllen, Räume zum Erleben schaffen. Wir dürfen mit Menschen arbeiten, im Chor, in der Gemeinde, im Unterrichten. Dürfen etwas von dem bekunden, was uns bewegt. Dazu gehört kontinuierliche, eigenverantwortliche Aufbauarbeit ebenso wie das Musizieren "auf Augenhöhe" mit namhaften Vokalsolisten und Berufsorchestern.

    Kein Tag ist in unserem Beruf gleich. Und ganz wichtig: Wir sind in den allermeisten Dingen unsere eigenen Herren, teilen unsere Zeit nach den aktuellen Erfordernissen ein, setzen dort Akzente, wo wir sie für sinnvoll halten. Anders gesagt: Wir sind angestellte Selbständige.

    Natürlich - nicht alles geht immer so, wie wir es gerne hätten. Nicht jede Arbeit macht gleichviel Freude. Hätte ich damals gedacht, dass ich jeden Tag mindestens vier Stunden im Büro verbringe? Organisieren! Wie sollen die Podeste aufgebaut werden? Wer hilft? Sind alle Instrumentalisten und Vokalsolisten verpflichtet? Pressenotizen schreiben, Plakate entwerfen, in den Druck geben, verteilen (ja, auch das). Verfassen der Werkeinführungen. Pflege des Notenarchives (eine unendliche Geschichte). Die Finanzen! Ja, dann gibt es die überregionalen Aufgaben, und das nicht zu knapp. Irgendwie geht das alles. Und es gibt gar noch (als eine Art Freizeitgestaltung) den Luxus einer Lehrtätigkeit, um junge Menschen für das zu begeistern, was einen selbst so begeistert.

    Und, und, und... Der Blick auf die Uhr zeigt: Schon wieder kein Achtstundentag. Aber dass Schöne ist, dass das eigentlich herzlich egal ist (sagt der "angestellte Selbständige"). Ist solch ein Berufsprofil nicht ein Privileg? Trotz aller Einschränkungen (das mäßig geliebte Büro...): Ich würde mich noch einmal für diesen Beruf entscheiden. Ganz sicher!

     

     

     

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